Sommer – das ist die üppige Zeit im Jahr. Die Bäume strotzen vor Grün. Knallrot leuchten Johannisbeeren aus den Sträuchern. Es ist lange hell und warm. Ich liebe es, bis in die Nacht hinein unterm Sternenhimmel zu sitzen. Die Grenze zwischen Tag und Nacht, zwischen Drinnen und Draußen verfließt.

Knallende Hitze?

„Ich mag den Sommer gar nicht“, schimpft eine junge Frau. „Die Sonne brennt. Die Hitze knallt. Nicht mal nachts kühlt es ab und ich schlafe schlecht.“ Ihr fallen noch mehr Gründe gegen den Sommer ein: „Alle sind ständig draußen: Mein Nachbar grillt auf dem Balkon, und der Rauch zieht in meine Wohnung. Das Ufer am Fluss habe ich sonst für mich. Jetzt ist da ein einziges Joggen, Skaten, Walken, und ich muss in Schlangenlinien gehen, um den Leuten auszuweichen und um Abstand zu halten.“
Man muss den Sommer nicht lieben. Gottlob gibt es vier Jahreszeiten. Jede hat ihr Thema. Im Frühling und Sommer entfaltet sich die Natur. Zeit zum Wachsen und Reifen. Alles drängt nach außen – bei so viel Extrovertiertheit kann man schon mal zusammenprallen. Vielleicht gehört Konfrontation zum Reifen. Im Herbst und Winter ist dann wieder Zeit für Rückzug, sich einmummeln und neue Kräfte sammeln.

Sommer ein Vorgeschmack auf die Ewigkeit?

Es gibt viele Sommerliebhaber. „Der Sommer ist so herrlich leicht“, sagt ein Freund. „Wenn ich mich nicht gerade in den Anzug werfen muss, bleiben die schweren Kleidungsstücke im Schrank.“ Sommer weckt bei vielen die Sehnsucht, dass das Leben immer so sein könnte: hell und warm, auf der Höhe der Kräfte und Möglichkeiten. Darum ist der Sommer in Gedichten und Liedern ein Sinnbild für Ewigkeit. Das Sommerlied überhaupt in der Kirche ist: „Geh aus, mein Herz, und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit.“ Geh aus, mein Herz… Ich male mir das gerne aus: Mein Herz hopst in die Welt hinein und entdeckt, was dieses Leben alles hergeben kann. Die Bäume voller Laub, die Lerche in der Luft und der Gesang der Nachtigall, der Weizen, der mit Kraft in die Höhe wächst – sie alle sind Gaben Gottes. Ich muss nur rausgehen und die Augen aufmachen.
Die „liebe Sommerzeit“ ist ein Vorgeschmack der Ewigkeit. Die stellt man sich oft langweilig vor. Warum nicht: Ewigkeit wie ein Sommertag, sonnendurchleuchtet. So legt mir der Sommer ein Stück Ewigkeit ins Herz.

Pfarrer Martin Vorländer, Frankfurt (www.ekhn.de)

(Foto: medio.tv/Striepecke)

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