Als Verantwortlicher für die Polizei- und Notfallseelsorge im evangelischen Kirchenkreis Fulda ist Pfarrer Dr. Michael Grimm erleichtert über das Impfangebot an seine Berufskollegen. Nun können Seelsorgerinnen und Seelsorger wieder unbeschwerter erste Hilfe für die Seele leisten. Pfarrer Stefan Bürger gehört auch zu den Pfarrern, die regelmäßig den Dienst der Notfallseelsorge tun. "Manchmal kommen im Nachhinein Tränen", sagt er.

Ich bin jetzt für Sie da

Wenn das Handy klingelt und zum Einsatz ruft, bleibt Pfarrer Dr. Michael Grimm nur wenig Zeit. Neben seiner Rettungsweste muss der Notfallseelsorger auch an den Mund-Nasen-Schutz denken. In der Regel wird er gerufen, wenn plötzlich der Tod ins Leben tritt. Bei Unfällen, Suiziden und plötzlichen Todesfällen ist die Notfallseelsorge Teil der Rettungskette und wird auf Anforderung des Einsatzleiters von der Zentralen Leitstelle alarmiert. Der evangelische Pfarrer ist dann zur Stelle, wenn es darum geht, Menschen in einer Notsituation beizustehen. Etwa, wenn ein Verkehrsunfall tödlich verläuft und die Polizei eine Todesnachricht zu überbringen hat. Er geht dann mit den Polizisten mit und stellt sich vor: „Ich bin Notfallseelsorger und ich bin jetzt für Sie da.“ Seine Arbeit beginnt meist dann so richtig, wenn die Polizei wieder geht. „Überraschend mit dem Tod eines Angehörigen konfrontiert zu werden, gehört wohl zu dem Schlimmsten, was einem Menschen passieren kann.“ Da sei es vor allem wichtig, da zu sein und die Betroffenen zu stabilisieren. „Meine Aufgabe ist es, wieder Struktur in den Alltag zu bringen und Unterstützung von Freunden oder Verwandten zu organisieren.“ Oft erhalte er nach einem Einsatz die Rückmeldung: „Es war so wichtig, dass Sie da waren.“

Corona besonders herausfordernd - Jetzt geimpft!
Notfallseelsorger Dr. Michael Grimm
Notfallseelsorge-Beauftragter Dr. Michael Grimm

In der psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) des Landkreises Fulda arbeiten evangelische und katholische Seelsorger Hand in Hand mit einem Kriseninterventionsteam. In der ersten Phase der Corona-Pandemie wurde die Notfallseelsorge zunächst ausgesetzt. Im Herbst letzten Jahres wurde der Dienst dann wieder aufgenommen, mit den nötigen Abstands- und Hygieneregeln. Manchmal gerieten die Helfer dabei selbst in eine schwierige Lage: „In Notsituationen fällt das Abstandhalten schwer,“ sagt Pfarrer Dr. Grimm, „etwa, wenn Angehörige und Freunde in einer kleinen Wohnung zusammenkommen, weil ein Kind vermisst wird.“ Mittlerweile sind die meisten Notfallseelsorger geimpft. Michael Grimm freut sich, nach der Impfung seinen Dienst wieder ausüben können, ohne ständig darauf achten zu müssen, sich selbst und andere vor Ansteckung zu schützen.

"Manchmal kommen im Nachhinein Tränen", sagt Bürger

Grimm ist überzeugt, dass die Notfallseelsorge einen wichtigen Dienst an der Gesellschaft leistet. Sie komme nicht nur Kirchenmitgliedern zu Gute, sondern allen Betroffenen: "Wir sind rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr für Menschen in Notsituationen da.“ Der Umgang mit Sterben, Tod und Trauer werde in unserer Gesellschaft häufig tabuisiert, bemerkt Grimm. In diesem Bereich sei die Kirche besonders gefragt, und deshalb hat die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck ihre Pfarrerinnen und Pfarrer zur Mitarbeit in der Notfallseelsorge verpflichtet. „Die Menschen nehmen sehr dankbar zur Kenntnis, dass jemand von der Kirche in schweren Stunden für sie da ist.“
Auch Stefan Bürger weiß um herausfordernde Einsätze an Unfallorten, bei Suiziden, verstorbenen Kindern oder häuslichen Notfällen. "In der Situation 'funktioniert man ganz gut', nachher kommen mir auch manchmal die Tränen", erzählt Bürger, der in der Woche vor Pfingsten wieder drei 24-Stunden-Dienste absolvieren wird.

Grimm Beauftragter für Notfallseelsorge

Michael Grimm hat einen Dienstauftrag für die Polizei- und Notfallseelsorge im evangelischen Kirchenkreis Fulda. Durch seine jahrelange Arbeit als Klinikseelsorger habe er gelernt, professionell mit Belastungssituationen umzugehen. Trotzdem brauche er nach manchen Einsätzen selbst Zeit, das Erlebte zu verarbeiten. Etwa, wenn es um den Tod von Kindern geht oder wenn nach Suiziden Kinder zurückbleiben. „Das geht natürlich nicht spurlos an mir vorüber,“ berichtet er. Und was ist, wenn Polizisten und Einsatzkräfte selbst Beistand benötigen? Nach einem Einsatz können auch sie mit den Notfallseelsorgern über belastende Eindrücke sprechen. „Das wird auch immer wieder in Anspruch genommen“, sagt Grimm.


 
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